Nürnberger Institut für Freie Berufe (IFB) legt Bericht zur Lage der Freien Berufe in Bayern vor

 

Die Zahl der Selbstständigen und die Zahl der selbstständigen Frauen steigt kontinuierlich. Das meldet der Verband Freier Berufe in Bayern (VFB) mit Hinweis auf den vorgelegten Bericht 2015. Zwischen 2012 und 2015 verzeichnet das Institut für Freien Berufe (IFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg einen Anstieg von 10 Prozent bei der Zahl der Selbstständigen in den Freien Berufen.

Die Freien Berufe – selbstständige Heilberufe, Rechtsanwälte, Künstler, Journalisten, Wirtschafts- und Steuerberater, Architekten und Ingenieure – sind ein wesentlicher Bestandteil der bayerischen Wirtschaft. Sie schaffen und erhalten Arbeits- und Ausbildungsplätze, erbringen Beratungsleistungen für Unternehmen, Institutionen und Einzelpersonen und tragen damit zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung bei. So waren zur Mitte des Jahres 2014 insgesamt ca. 525.000 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (einschließlich Auszubildende) in freiberuflichen Unternehmen angestellt. Das entspricht einem Anteil von 10 Prozent in Bayern. Der Frauenanteil lag 2014 bei 63 Prozent.

Unterstützung durch das Bayerische Wirtschaftsministerium

Das Bayerische Staatsministerium für Wirtschaft und Medien, Energie und Technologie (StMWi) hat das Institut für Freie Berufe (IFB) bei der Erstellung der vorliegenden Studie zur ‘Lage der Freien Berufe in Bayern 2015‘ unterstützt: „Die Freien Berufe haben sich erfreulicherweise erneut als starker Motor der Entwicklung der Selbstständigen in Bayern erwiesen. Die Nachfrage nach hochqualifizierten Dienstleistungen ist am Standort Bayern ungebrochen. Die Durchführung der Studie war wichtig, damit wir ein genaues Bild der derzeitigen Lage der freien Berufe in Bayern erhalten. Auf diesen Erkenntnissen werden wir nun aufbauen, um die Freien Berufe und ihr wirtschaftliches Potenzial im Freistaat auch in Zukunft effektiv zu fördern“, so Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner.

Steigerung bei Freien Berufen, Zahl der Selbstständigen insgesamt rückläufig

Während die Zahl der Selbstständigen in Freien Berufen in Bayern kontinuierlich steigt, ist die Entwicklung der Selbstständigen in Bayern insgesamt im Zeitraum zwischen 2012 und 2014 rückläufig. Innerhalb der vergangenen 45 Jahre hat sich die Zahl der Selbstständigen in Freien Berufen in Bayern mehr als verfünffacht.

Entwicklung Zahl der Selbstständigen

Den größten Anteil der rund 212.000 Selbstständigen in den Freien Berufen in Bayern machen die Freien Kulturberufe aus, gefolgt von den anderen Freien Heilberufen, Ärzten sowie Rechtsanwälten.

Selbstständige in Freien Berufen in Bayern Berufsgruppen

Frauenanteil wächst

Auch der Frauenanteil bei den Selbstständigen in Freien Berufen ist im Durchschnitt höher als bei allen Selbstständigen. In den Freien Heilberufen und den Freien Kulturberufen sind die meisten Frauen zu finden. Während den Beruf der Hebamme bzw. des Geburtshelfers fast ausschließlich Frauen ausüben, finden sich z.B. nur 12,6 Prozent selbstständige Wirtschaftsprüferinnen (Stand: 01.01.2015).

Zuwachs bei den Existenzgründungen

Das freiberufliche Gründungsgeschehen in Bayern ist durch eine anhaltend dynamische Entwicklung gekennzeichnet. Im Jahr 2014 wurden in Bayern 12.000 freiberufliche Existenzgründungen registriert. Dies entspricht im Vorjahrsvergleich einem Zuwachs von ca. 5 % (IfM Bonn).[1]

Wichtige Rolle am Arbeitsmarkt

Auch als Arbeitgeber und Ausbilder spielen die Freien Berufe in Bayern eine bedeutende Rolle. Aufgrund der zunehmenden wirtschaftlichen Bedeutung des Dienstleistungssektors wird dieser Aspekt freiberuflicher Tätigkeit immer wichtiger. Bereits heute arbeiten rund 10 Prozent der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten Bayerns in freiberuflichen Unternehmen. Vor allem im Gesundheitswesen, aber auch in Ingenieur- und Architekturbüros sowie der Wirtschafts- und Steuerberatung, beschäftigen Freiberufler Mitarbeiter. Ende des Jahres 2014 gab es in den freiberuflichen Tätigkeitsfeldern etwa 20.340 Auszubildende. Insgesamt lassen sich deutlich mehr Frauen als Männer in diesen Tätigkeitsbereichen ausbilden.

Nachwuchssorgen bei niedergelassenen Ärzten und Apothekern

Die Versorgung der bayerischen Bevölkerung mit freiberuflichen Dienstleistungen ist gut und verbessert sich in vielen Bereichen kontinuierlich. Hinsichtlich zukünftiger Ersatzbedarfe ist vor allem bei niedergelassenen Ärzten (nicht aber bei den Ärzten insgesamt) und bei Apothekern in naher Zukunft mit vermehrten Übertritten in den Ruhestand zu rechnen. Dem stehen allerdings deutlich weniger Berufseinsteiger gegenüber. Somit stehen auch die Freien Berufe vor der Herausforderung, Fachkräfte für die Zukunft zu gewinnen bzw. zu sichern. Die im Rahmen der Studie befragten Berufs- und Standesvertretungen weisen darauf hin, dass vor allem in ländlichen Gebieten zukünftig Versorgungsengpässe im Gesundheitswesen, aber auch bei der Versorgung mit Dienstleistungen durch Architekten und Ingenieure befürchtet werden. Bereits heute weisen die Standesvertreter auf eine Unterversorgung mit Leistungen durch Psychotherapeuten und – vor allem im ländlichen Raum – durch Hebammen hin.

Wirtschaftliche Lage unterschiedlich

Die wirtschaftliche Lage der Freien Berufe variiert in Abhängigkeit des ausgeübten Freien Berufes. Entsprechend unterschiedlich war die Entwicklung der steuerbaren Umsätze je Beruf zwischen 2008 und 2013.[2] Ingenieure erzielten laut Umsatzsteuerstatistik im Jahr 2013 mit insgesamt über acht Mrd. Euro die höchsten steuerbaren Umsätze und lagen damit vor Unternehmens- und Public-Relations-Beratern. Den größten Zuwachs weisen die Notariate mit 31 Prozent auf, gefolgt von Ingenieurbüros mit knapp 27 Prozent sowie den Übersetzern und Dolmetschern mit 24 Prozent. Auch bei den Patent- und Rechtanwalts-, Steuerberatungs- und Wirtschaftsprüfungskanzleien sowie den Architekturbüros und Tierarztpraxen fallen die Anstiege erheblich aus; sie schwanken zwischen 18 und 21 Prozent. Die Entwicklung der steuerbaren Umsätze verlief bei fast allen Freien Berufen im Vergleich zu 2008 positiv. Ausnahme: Journalisten und Pressefotografen; sie mussten einen Umsatzrückgang von 3 Prozent hinnehmen.

Die im Rahmen der Studie durchgeführte Befragung von Freiberuflern hat gezeigt, dass es deutliche Unterschiede zwischen den einzelnen Berufsgruppen hinsichtlich der Problematik von Forderungsausfällen gibt. Am häufigsten sind Zahnärzte, Tierärzte und Rechtsanwälte hiervon betroffen. Überdurchschnittlich hohe Forderungsausfälle beklagen Architekten, Patentanwälte und Rechtsanwälte.

„In Bezug auf die Sicherung der Zukunftsfähigkeit werden über alle Professionen hinweg eine leistungsgerechte Entlohnung, verlässliche Rahmenbedingungen und damit verbundene Planungssicherheit genannt. Dadurch würde auch die Attraktivität einer selbstständigen freiberuflichen Tätigkeit erhöht. Nicht zuletzt wird ein weiterer Bürokratieabbau gefordert“, fasst Birgit Kurz, Geschäftsführerin des IFB in Nürnberg zusammen.

Dr. Fritz Kempter, Präsident des Verbands Freier Berufe in Bayern, ergänzt: „Die Freien Berufe sind ein Schlüsselsektor der europäischen Wirtschaft und Triebfeder für Wettbewerb und Innovationen und leisten damit einen wichtigen Beitrag für die europäische Integration!“