Verband Freier Berufe diskutierte mit bayerischen Politikern vor der Bundestagswahl

Der Fachkräftemangel ist neben dem EU-Dienstleistungspaket für den Verband Freier Berufe in Bayern (VFB) eines der drängenden Probleme – und betrifft nicht nur die Freien Berufe. Auch die Bundesagentur für Arbeit hat den Mangel für den Bereich der technischen und Gesundheitsberufe in Deutschland erkannt. Beim diesjährigen parlamentarischen Abend des VFB im Bayerischen Hof in München diskutierten Vorstand und Gäste des VFB mit Vertretern von fünf politischen Parteien über Lösungsmöglichkeiten. Das Thema hat laut Präsident Michael Schwarz höchste Priorität für die Freien Berufe in Bayern.

VFB-Präsident Michael Schwarz umriss die Themen, die die Freien Berufe aktuell bedrücken: Fachkräftemangel, EU-Dienstleistungspaket, mit dem die EU-Kommission erneut versucht, die regulierten Berufe und damit auch die Selbstverwaltungen abzubauen. Das für Deutschlands Apotheken existenzbedrohliche Urteil des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) zu Versandapotheken gehört ebenso zu den Problemfällen für die Freien Berufe wie das Vertragsverletzungsverfahren, mit dem die EU-Kommission vor dem EuGH versucht, die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) zu kippen. Ziel ist letztlich das Beseitigen jeglicher Honorarordnungen für Freie Berufe zugunsten der Niederlassungsfreiheit innerhalb Europas.

Schwarz appellierte an die Repräsentanten der Parteien, Dr. Astrid Freudenstein, MdB, CSU, Inge Aures, MdL, Vizepräsidentin des Bayerischen Landtags von der SPD, Katharina Schulze, MdL, Fraktionsvorsitzende für Bündnis 90/die Grünen im Landtag, Daniel Föst, Generalsekretär der FDP Bayern, und Simone Barrientos, Mitglied im Landesvorstand von DIE LINKE, sich für diese Themen einzusetzen und Stellung zu beziehen, schließlich stellten die Freien Berufe mit 253.410 Selbstständigen nicht nur den stärksten Verband in Bayern dar, sondern bildeten mit ihrer Arbeit auch das Rückgrat der Gesellschaft. Insgesamt gibt es 882.400 Erwerbstätige in den Freien Berufen allein in Bayern. Die Diskussion über die Themen, geführt von Rechtsanwalt Dr. Thomas Kuhn, 1. Vizepräsident des VFB, verlief harmonisch und die Diskutanten bekannten sich zum dualen Ausbildungssystem in Deutschland und zum Erhalt der Selbstverwaltung. Solche Strukturen müssten gegenüber Europa verteidigt und im Gegenteil sogar in andere Mitgliedstaaten exportiert werden – diese Meinung vertraten fast alle. Einzig Barrientos forderte eine Umorientierung: „Wir können nicht Globalisierung wollen und die eigenen Pfründe schützen.“ Auch beim Thema Apothekenversandhandel weitgehend Übereinstimmung. Die CSU will den Versandhandel verbieten, SPD setzt sich für den Erhalt und Stärkung der Strukturen der Apotheken in Deutschland ein, lediglich die FDP sieht darin nicht das größte Problem – sofern die flächendeckende Versorgung sichergestellt sei, so Föst.

Das meistdiskutierte Thema des Abends: der Fachkräftemangel. Hier war auch eine gewisse Ratlosigkeit der Parteienvertreter/innen zu erkennen, wie das Problem denn angegangen werden sollte. Dass es ein Problem darstellt, machte VFB-Präsidiumsmitglied Rüdiger von Esebeck, 3. Vorsitzender des bayerischen Landesverbandes der Physiotherapeuten, deutlich. Er sprach von einer Unterversorgung von 16 Prozent allein in seiner Berufsgruppe. Der Mangel beträfe jedoch alle Fachberufe im Gesundheitswesen. „Wie retten Sie uns?“, fragte Moderator Kuhn provokant. Für Dr. Freudenstein von der CSU liegt das Problem an falsch verteilten Ärzten. Ihre Partei wolle bereits im Studium vorbeugen und mit einem Zuwanderungsgesetz gegensteuern. Die Grünen fordern ein Einwanderungsgesetz, das vom Asylrecht entzerrt werden müsse. „Wir brauchen eine geregelte Zuwanderung“, forderte die Sozialdemokratin Inge Aures, die auch die technischen Berufe mit einbezogen wissen wollte. 

„Die Freien Berufe müssen gegensteuern. Der Fachkräftemangel ist kein Phantom, wie es manche Medien gerne abtun, und auch kein prognostiziertes Problem in der Zukunft. Er ist bereits Realität“, so VFB-Präsident Michael Schwarz. „Mit der Digitalisierung allein wird sich dieses Problem nicht lösen lassen!“