VFB Interview mit Prof. Dr. Ullmann

Herr Prof. Dr. Andrew Ullmann, FDP, MdB, Mitglied im Gesundheitsausschuss, konnte leider nicht persönlich zu einem Interview erscheinen. Hier sind seine schriftlichen Antworten:
1. Werden Sie die Stellung der Freien Heilberufe und das System der beruflichen Selbstverwaltung erhalten und fördern? Unterstützen Sie die Bestrebungen der bisher nicht verkammerten Freien Berufe nach einer stärkeren Selbstverwaltung?
Die Freien Heilberufe und das System der beruflichen Selbstverwaltung sind essenzielle Säulen unseres Gesundheitswesens. Wir setzen uns dafür ein, dass diese Strukturen erhalten bleiben und fördern, wenn von den bisher nicht verkammerten Freien Berufe gewünscht, auch Bestrebungen hin zu stärkerer Selbstverwaltung. Eigenverantwortung und Subsidiarität sind zentrale Prinzipien liberaler Politik.
2. Krankenhausbedarfsplanung und Neuordnung der Finanzierung ambulant/stationäre medizinische Versorgung – wie soll es hier nach Ihrer Auffassung weitergehen?
Wir setzen uns für eine bedarfsgerechte Krankenhausplanung ein, die stärker regional ausgerichtet ist und die sektorübergreifende Versorgung fördert. Eine Reform der Finanzierungssysteme mit dem Ziel, ambulante und stationäre Leistungen besser zu verzahnen, steht dabei im Mittelpunkt. Wir wollen unnötige Doppelstrukturen abbauen und die Patientenzentrierung stärken. Die Krankenhausplanung ist nach der konkurrierenden Gesetzgebung des Grundgesetzes Ländersache, daran wollen wir nicht rütteln.
3. Die flächendeckende Versorgung im ambulanten Bereich bezüglich Apotheken, Arzt- und Zahnarztpraxen ist akut gefährdet. Was wollen Sie konkret für die Sicherung und Stärkung der ambulanten flächendeckenden Versorgung und Förderung der Freiberuflichkeit in der Selbständigkeit tun?
Zur Sicherung der ambulanten Versorgung müssen wir finanzielle und strukturelle Anreize schaffen, insbesondere im ländlichen Raum. Dabei ist prioritär die Über- und Unterversorgung in allen gesundheitlichen Sektoren abzubauen. Wir fordern eine Abschaffung der Budgetdeckelung sowie eine gezielte Förderung der Freiberuflichkeit, damit Ärztinnen, Ärzte und Apotheker wieder verstärkt unternehmerische Freiheit genießen können.
4. Bedrohung der freiberuflichen Organisationsstruktur der ambulanten Versorgung durch iMVZ und gewerbliche Anbieter telemedizinischer Versorgung:
Werden Sie die, von Herrn Lauterbach bereits seit 2022 versprochenen, möglichen Beschränkungen der investorenfinanzierten MVZ´s umsetzen?
Von investorengetriebene MVZ-Strukturen werden immer wieder von der Gefährdung von Versorgungsaspekte gesprochen. Hinweise, dass dort medizinische Fehlbehandlungen existieren, gibt es nicht. Trotzdem müssen wir regulatorische Maßnahmen prüfen, um sicherzustellen, dass neben einer Transparenz auch medizinische Behandlungen adäquat erfolgen. Hier ist vor allem die Selbstverwaltung gefragt, die eine weitere Eingriffmöglichkeit eröffnet werden sollte. Das gleich gilt für telemedizinische Angebote, sie müssen sinnvoll medizinisch integriert werden und dürfen nicht zu Lasten der Behandlungsqualität oder der freiberuflichen Struktur gehen.
5. Fachkräftemangel in Gesundheitsberufen und Maßnahmen zur Attraktivitätssteigerung
5.1. Was wollen Sie dafür tun, dass Deutschland für Arbeitnehmer attraktiv bleibt, um den Personalmangel aufzuhalten und damit die Gefährdung der gesamten deutschen Wirtschaft?
Deutschland muss durch bessere Arbeitsbedingungen, schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse und gezielte Fachkräftezuwanderung attraktiv bleiben. Wir setzen uns für moderne Arbeitszeitmodelle und ein stärker entbürokratisiertes Arbeitsumfeld ein. Jedes neues Gesetz muss die bürokratische Belastung mit berechnet werden. Zudem müssen die Lohnnebenkosten sinken, damit sich Arbeit lohnt.
5.2. Welche echten Strukturreformen können umgesetzt werden, um das Praxissterben durch Budgets in der gesetzlichen Krankenversicherung und GOZ-Punktwert von 1988 aufzuhalten?
Es darf nur echte Strukturreformen geben, denn diese sind notwendig, weil sie unter anderem die finanzielle Planbarkeit durch eine Anhebung der GOZ-Punktwerte und die Abschaffung starrer Budgetierungen fördern. Nur so erreichen wir eine höhere Ambulantisierungsquote.
5.3. Was wollen Sie konkret für die Entbürokratisierung der Arzt-& ZA-Praxen tun, damit diese wieder mehr Zeit für Ihre Patienten haben (bei 24 H / Woche der Teams Zeit für Bürokratie)
Zur Entbürokratisierung schlagen wir vor, digitale Lösungen zu fördern und Dokumentationspflichten zu verschlanken. Verwaltungstätigkeiten sollen so weit wie möglich an Fachkräfte ausgelagert werden, die dafür geschult sind. Zudem liegen uns zahlreiche sinnvolle Vorschläge aus der Praxis vor, die umgesetzt werden müssen.
6. Welche Maßnahmen sind nötig, um für die Zukunft Versorgungssicherheit zu gewährleisten und Medikamentenengpässe zu verhindern?
Wir fordern eine Diversifizierung der Lieferketten, um Abhängigkeiten von einzelnen Herstellern oder Regionen zu minimieren. Zusätzlich setzen wir auf stärkere europäische Kooperationen bei der Medikamentenproduktion und -bevorratung. Zusätzlich muss die chemische Industrie gestärkt werden, so dass APIs im EU-Raum hergestellt werden können.
7. Digitalisierung und Datenschutz im Gesundheitswesen
Störungen und Ausfälle bei der Telematik-Infrastruktur sind an der Tagesordnung.Was muss zur Förderung der funktionalen Digitalisierung geschehen ?
Die Digitalisierung des Gesundheitswesens muss durch eine stabile, funktionierende Telematikinfrastruktur vorangetrieben werden. Das ist eine Selbstverständlichkeit. Dazu braucht es mehr Investitionen in die IT-Sicherheit und Benutzerfreundlichkeit sowie klare Verantwortlichkeiten. Datenschutz bleibt ein zentrales Anliegen, darf aber nicht die Funktionalität behindern. Wir setzen auf eine konsequente Digitalisierung im Sinne der Patientensicherheit, Nutzerfreundlichkeit und Effizienz.
27.01.2025